Nach der spannenden Erntezeit beginnt jetzt die Phase, in der es auf unsere Kunstfertigkeit ankommt. Wir sind überzeugt: Wir tun nichts weiter, als das Beste aus den Trauben mit viel Fürsorge und Zuwendung ins Glas zu begleiten. In ihnen ist bereits alles angelegt.

2022 war ein Wechselbad der Gefühle. Der Sommer war heiß, viele Wochen waren von Trockenheit geprägt. Ich hatte mich eingestellt auf einen sehr frühen Erntebeginn und Trauben mit einer grenzwertigen Reife.

Grenzwertig, – weil ich meine eigenen Vorstellungen davon habe, was reife Trauben sind. Wenn ich meine Trauben für reif erkläre, lässt sie ein anderer möglicherweise noch zwei Wochen auf dem Rebstock.

Trauben, die aus meiner Sicht überreif sind, haben mehr Süße und Alkohol, anspruchsvolle Gerbstoffe, sind weich und breit. (S. unten: Was sind breite Weine?) Ich aber strebe schlanke, elegante Weine an.

Nach dem heißen Juli begann schon im August eine kühlere Phase, die unseren Trauben noch Zeit gab. Die letzten drei Wochen vor der Ernte sind entscheidend für die Traubenqualität. Sie versprechen in diesem Jahr harmonische, feine, elegante Weine. Und so möchte ich das auch.

Als Weinbauern sind wir dem Wetter ausgeliefert. Wir können nur zuschauen und nach Kräften die Reben unterstützen, wenn sie beispielsweise mit zu wenig oder zu viel Regen umgehen müssen.

Natürlich ist das spannend und immer wieder eine Geduldsprüfung. Man lernt, damit zu leben. Ich mache es, weil ich es so will und akzeptiere diese besondere Herausforderung.

Wir haben 2022 eine schöne Balance aus Menge und Qualität. Ich werde mich lange an dieses Jahr erinnern. Einfach, weil es selten ist, dass mitten im Sommer noch einmal ein Wetterumschwung kommt und sich alles anders entwickelt, als erwartet.

2018 war es im Sommer ähnlich warm, damals gab es aber keine Abkühlung. Und so wurden die Weine mächtig, breit, weich und füllig. Das wird in diesem Jahr bei uns nicht geschehen.