Im Vorspann meines Grundkurses Biodynamie habe ich viel über die Grundlagen erzählt: über Biodiversität, den Boden, die Kreislaufwirtschaft, über Rhythmen und die Bedeutung der Tiere und der biodynamischen Präparate. Und darüber, wo alles beginnt: mit der richtigen Einstellung. Mit offenen Augen und dem Mut, feinstofflichen Prozessen eine Bedeutung zu geben.

Theorie, schön und gut. Und wie funktioniert das nun im Weinberg? Am Beispiel der Tage und Wochen nach der Ernte erzähle ich, wie wir jetzt auf Basis der biodynamischen Grundsätze im Weinberg arbeiten.

Nach der Lese

Deutlich weniger Sonnenstunden haben wir nach der Tag- und Nachtgleiche Ende September. Die Reben verstehen: Es ist Zeit, in sich zu gehen. Das Chlorophyll verlässt die Blätter, rote und gelbe Farbstoffe erhalten ihre Chance. Die Weinberge bekommen eine zauberhafte herbstliche Färbung.

Schließlich ist die Wasserzufuhr zu den Blättern endgültig unterbunden, sie hängen buchstäblich am seidenen Faden. Und dann kommt der Wind. Ein Herbststurm fegt sie davon.

Inzwischen sind die Nährstoffe tief ins Innere der Rebstöcke gewandert. Dort werden sie gespeichert, wie bei einem Winterschlaf. Das regelt die Natur. Aber als Winzer mit biodynamischer Denkweise habe ich die Möglichkeit, meine Reben in dieser Phase fürsorglich zu unterstützen. (Ähnlich den abendlichen Ritualen, dem Glas Wein, dem guten Buch, der uns auf die Nacht vorbereitet.)

Als Gabe für diese Zeit bringe ich ein Brennnessel-Präparat im Weinberg aus. So können die Rebstöcke gut in die Ruhe gehen.

Der Boden

Haben sich die Rebstöcke in ihre Ruhephase verabschiedet, schenke ich dem Boden besondere Aufmerksamkeit. Unser Denken stellt den Boden in den Mittelpunkt. Ohne guten, fruchtbaren Boden gibt es keinen Wein. Er ist das A und O unserer Arbeit.

Der Herbst ist auch für den Boden eine Zeit der Regeneration. Die gesamte Vegetation ist extrem reduziert, dabei ist Bodenfeuchte tendenziell höher. Eine unendliche Zahl an Mikroorganismen ist dennoch tätig. Sie verwandeln organische Stoffe in wertvollen Humus.

Wir unterstützen diese Prozesse. Zunächst lockern wir den Boden möglichst sanft. Anschließend arbeiten wir biodynamischen Kompost an den Stellen ein, die im Sommer unter Trockenheit gelitten haben.

Der Kompost

Wir produzieren unseren eigenen Kompost am Fliederhof. Im Frühling legen wir ihn an und mischen ihn mit biodynamischen Kompostpräparaten. Der Sommer verwandelt ihn zu einer wohlriechenden, nach Waldboden duftenden Komposterde.

Unser Kompost liefert dem Boden alle nötigen Nährstoffe, aber nicht nur das. Als Biodynamiker sehen wir auch, dass er das Wissen enthält. Informationen, wie aus einem organischen Stoff eine neue, lebendige Materie entsteht. Diesen Impuls der Verwandlung, den er selbst durchlaufen hat, bringt der Kompost in den Boden ein. Damit „lernt“ er, wie er selbst einen fruchtbaren Boden schaffen kann.

Die Einsaaten

Als Nächstes säen wir im Oktober die sogenannte Gründüngung ein. Ein vielfältiges Gemisch an Gräsern, Getreide und Kräutern. Während der Wintermonate und im Frühjahr wächst so im Boden ein dichtes Wurzelwerk. Es lockert den Boden, und später bauen die Mikroorganismen des Komposts die Wurzeln zu Humus um.

Der oberirdische Teil der Pflanzen ist während der heißen Sommermonate ein wichtiger Sonnenschutz für unsere Böden.

Das Hornmistpräparat

Im Oktober bringen wir das Hornmistpräparat (oder auch Präparat 500) aus. Es besteht aus Kuhdung, der in ein Kuhhorn gefüllt wird und unter bestimmten Bedingungen eine Transformation erfährt. Heraus kommt dabei ein sehr nährstoffhaltiges Präparat, bis zum Rand angefüllt mit wohltuenden Mikroorganismen.

Präparat 500 wirkt in unseren Böden als Probiotikum. Es belebt ihn sanft und vermittelt, wie auch der Kompost, die Information des Humusaufbaus.

Im Weinkeller

Auch im Weinkeller kehrt jetzt schön langsam Ruhe ein. Der Vergärungsprozess ist schon abgeschlossen, die Weine dürfen in den Fässern ihrer Reife entgegenschlummern.

Nach der hoch aktiven Phase der Ernte sind die Arbeiten im Herbst für mich eine Zeit, um über Vergangenes nachzudenken. Prozesse zu optimieren. Mich bei der Natur zu bedanken und manchmal auch nur die Gedanken schweifen zu lassen.

sprechen.